04. November 2010
§ 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 139/09

BIO TABAK
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; VTabakG § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2

Das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG enthaltene Verbot, in der Werbung für Tabakerzeugnisse Angaben zu verwenden, die darauf hindeuten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien, setzt nicht voraus, dass die An-gaben für den angesprochenen Verkehr eine konkrete Irreführungsgefahr begründen. Es handelt sich vielmehr um ein abstraktes Verbot, das den Werben-den nicht an einer sachlichen Information über die einzelnen Eigenschaften sei-nes Produkts und der zu seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe hindert.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 4. November 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Born-kamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirch-hoff
für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesge-richts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 13. August 2009 wird auf Kos-ten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Beklagte bietet seit dem Jahr 2005 in Deutschland unter der Marke "Natural American Spirit" einen Feinschnitt zum Selbstdrehen von Zigaretten und seit September 2007 auch Zigaretten an. Die zu deren Herstellung verwen-deten Tabake werden in den USA nach den Bestimmungen des National Organic Program des United States Department of Agriculture angebaut, wobei die-se den Kriterien der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Er-zeugnisse und Lebensmittel entsprechen.

Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband. Er beanstandet das nachfolgend wiedergegebene Werbeblatt, mit dem die Beklagte im Oktober 2007 ihre Zigaretten unter anderem mit dem Begriff "BIO TABAK" bewarb:

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg (Berlin) hat den Kläger mit Schreiben vom 7. Januar 2008 über diese Werbung der Beklagten informiert und zugleich gebeten, hiergegen vorzugehen. Der Kläger hat die Beklagte nach vorangegangener erfolgloser Abmahnung mit der bei Gericht am 28. April 2008 eingegangenen und der Beklagten am 19. Mai 2008 zugestellten Klage wegen dieser Werbung auf Unterlassung und Ersatz der Abmahnkosten in Anspruch genommen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Werbung verstoße gegen das Vorläufige Tabakgesetz und sei daher auch wettbewerbswidrig. Sie erwe-cke den Eindruck, dass der Genuss der beworbenen Tabakerzeugnisse ge-sundheitlich unbedenklich oder jedenfalls unbedenklicher als der Konsum her-kömmlicher Zigaretten sei. Die Angabe "BIO TABAK" deute zudem darauf hin, dass die Tabakerzeugnisse "natürlich" oder "naturrein" seien, da der durch-schnittlich verständige Verbraucher den Begriff "BIO" dahingehend verstehe, dass das jeweilige Produkt aus ökologischem Anbau stamme und möglichst na-turbelassen ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt werde.
Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurtei-len, im geschäftlichen Verkehr für Tabakerzeugnisse mit dem Begriff "BIO TABAK" wie in Anlage K 3 abgebildet zu werben.
Darüber hinaus hat der Kläger die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 200 € beansprucht.

Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, die angesprochenen Verbraucher verständen den Begriff "BIO" in der beanstandeten Werbung allein als Hinweis darauf, dass der verwendete Tabak den Regeln und Vorschriften des ökologischen Landbaus entspreche. Da sie auch um die gesundheitlichen Gefahren des Tabakkonsums an sich wüssten, würden sie aus der Verwendung der Bezeichnung "BIO TABAK" nicht auf eine gesundheitliche Unbedenklichkeit oder eine gesundheitsfördernde Wirkung der so bezeichneten Tabakprodukte schließen. Außerdem sei der geltend gemachte Unterlassungsanspruch verjährt, weil der Kläger sich die Kenntnis des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg von der beanstandeten Werbung zurechnen lassen müsse.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, Urteil vom 13. August 2009 - 3 U 199/08, juris).

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche unter den Gesichtspunk-ten des Rechtsbruchs und der Irreführung für begründet erachtet (§§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG, §§ 5, 12 Abs. 1 UWG und auch nicht gemäß § 11 UWG als verjährt angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:

Die Verwendung der Bezeichnung "BIO TABAK" in dem Werbeblatt ver-stoße gegen das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG enthaltene Verbot, im Verkehr mit Tabakerzeugnissen oder in der Werbung für diese Angaben zu verwenden, die darauf hindeuteten, dass die Tabakerzeugnisse "natürlich" oder "naturrein" seien. Der angesprochene Verkehr verstehe die genannte Angabe dahin, dass der verwendete Tabak aus ökologischem Anbau stamme und über das aufgrund der allgemeinen Umweltbelastung unvermeidbare Maß hinaus frei von Rückständen und Schadstoffen sowie weitgehend naturbelassen sei und die aus ihm hergestellten Zigaretten ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt und damit "natürlich" oder "naturrein" seien. Die Bestimmung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG, deren Tatbestandsmerkmale damit erfüllt seien, setze weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrer systematischen Stellung noch nach ihrem Sinn und Zweck noch auch nach dem Willen des Gesetzgebers eine kon-krete Irreführungsgefahr voraus. Ihre dementsprechende Auslegung sei auch verfassungskonform und stehe nicht in Widerspruch zu den einschlägigen Regelungen des Unionsrechts. Die Beklagte handle zudem irreführend.
Die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche seien auch nicht verjährt. Der Kläger müsse sich die möglicherweise beim Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg vorhandene Kenntnis von den maßgeblichen Umständen nicht zu-rechnen lassen.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht die Klageansprüche unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs als begründet erachtet hat. Das Berufungsgericht hat rechtsfeh-lerfrei angenommen, dass die Beklagte mit ihrer beanstandeten Werbung ge-gen das Verbot nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG verstoßen hat (dazu unter II 1) und daher die vom Kläger geltend gemachten wettbewerbsrechtli-chen Ansprüche auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten begründet sind (dazu unter II 2 und 4). Mit Recht hat es auch die von der Beklagten erho-bene Einrede der Verjährung nicht durchgreifen lassen (dazu unter II 3).

1. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG ist es grundsätzlich verboten, in der Werbung für Tabakerzeugnisse Angaben zu verwenden, die darauf hin-deuten, dass die Tabakerzeugnisse natürlich oder naturrein seien. Diese Be-stimmung enthält ein abstraktes Verbot, das mit höherrangigem Verfassungsrecht und ebenso mit dem vorrangig anzuwendenden Unionsrecht vereinbar ist. Entgegen der Ansicht der Revision gilt es auch für Angaben, die in Bezug auf Rohstoffe oder Inhaltsstoffe gemacht werden, sofern diese Angaben - wie im Streitfall - darauf hinweisen, dass die Tabakerzeugnisse, die diese Stoffe ent-halten, natürlich oder naturrein seien.

a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG nicht nur nach seinem Wortlaut, sondern auch nach sei-ner systematischen Stellung, seinem Sinn und Zweck sowie dem Willen des Gesetzgebers ein abstraktes Verbot enthält und daher nicht voraussetzt, dass die gemachte Angabe für den angesprochenen Verkehr eine konkrete Irrefüh-rungsgefahr begründet. Der gegenteiligen Ansicht der Revision folgt der Senat nicht. Sie beruft sich auf die Wurzeln des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG in der früheren lebensmittelrechtlichen Regelung und weist darauf hin, dass § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG ein entsprechendes Verbot für Lebensmittel statuiert habe, die zugelassene Zusatzstoffe oder Rückstände von Stoffen im Sinne der §§ 14 und 15 LMBG enthielten, dass diese Regelung aber im geltenden Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch keine Entsprechung habe. Sie berücksichtigt dabei nicht genügend, dass die zuletzt genannte Bestimmung schon deshalb ein abs-traktes Irreführungsverbot enthielt, weil sie anderenfalls neben dem in § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG geregelten konkreten Irreführungsverbot keinen eigenen Anwendungsbereich gehabt hätte. Ebenso wenig lässt der Umstand, dass das in § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG enthaltene abstrakte Verbot in der Bestimmung des § 11 LFGB, die nunmehr den Schutz vor Täuschungen bei Lebensmitteln regelt, keine Entsprechung hat, darauf schließen, dass die mit § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG vergleichbare Regelung in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG eine Täu-schungsgefahr voraussetzt. Die Nichtübernahme der in § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG enthaltenen Regelung in § 11 LFGB, der den Täuschungsschutz bei Lebensmit-teln ansonsten weithin ebenso regelt wie zuvor § 17 LMBG, erklärt sich viel-mehr daraus, dass beim Erlass des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs berücksichtigt wurde, dass das in § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG enthaltene abstrakte Täuschungsverbot bei Lebensmitteln wegen der Regelung in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a sowie Art. 18 Abs. 1 und 2 der Etikettierungsrichtlinie (RL 2000/13/EG) obsolet war (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 11 LFGB, BT-Drucks. 15/3657 S. 62; Meyer in Meyer/Streinz, LFGB BasisVO, § 11 LFGB Rn. 55; MünchKomm.UWG/Micklitz, EG K Rn. 57; Münch-Komm.UWG/Hagenmeyer/Oelrichs, Anh. §§ 1-7 F § 11 LFGB Rn. 1, jeweils mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 4. April 2000 - C-465/98, Slg. 2000, I-2297 = GRUR Int. 2000, 756 - Darbo naturrein). Dagegen hat der Gesetzgeber durch die zeitgleich mit dem Erlass des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs an die Stelle der §§ 22, 23 LMBG getretenen §§ 17, 22 VTabakG zu erkennen ge-geben, dass bei Tabakerzeugnissen neben den konkreten Irreführungsverboten in § 17 VTabakG weiterhin auch die abstrakten Verbote in § 22 VTabakG gelten sollen.

b) Das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG statuierte Verbot unterliegt auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundes-verfassungsgericht hat mit Urteil vom 30. Juli 2008 in Bezug auf Rauchverbote in Gaststätten - freilich nicht auf diese beschränkt - entschieden, dass der Ge-setzgeber angesichts des hohen Rangs der zu schützenden Rechtsgüter von Verfassungs wegen nicht gehindert ist, dem Gesundheitsschutz den Vorrang vor den dadurch beeinträchtigten Freiheitsrechten einzuräumen (BVerfGE 121, 317, 357 ff.).

aa) Für die Eignung der in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG enthaltenen Regelung zu dem angestrebten Zweck des Schutzes vor den mit dem Rauchen verbundenen Gefahren genügt es, dass die Regelung den bezweckten Erfolg fördern kann, so dass bereits die Möglichkeit einer Zweckerreichung genügt (vgl. BVerfGE 121, 317, 354). Diese Möglichkeit ist hier zu bejahen, weil das Verbot der Werbung mit Angaben, die geeignet sind, die mit dem Rauchen ver-bundenen Gefahren für die Gesundheit des Rauchers sowie der passiv mitrauchenden anderen Personen zu relativieren, die Nachfrage nach und den Kon-sum von Tabakerzeugnissen dämpfen kann. Eine Werbung mit Angaben, die das Rauchen als weniger gesundheitsschädlich erscheinen lassen, ist geeignet, Personen, die bislang nicht geraucht haben, zum Rauchen zu veranlassen, und Personen, die bereits rauchen, zu erhöhtem Tabakkonsum zu verleiten.

bb) Die Erforderlichkeit der in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG getrof-fenen Regelung folgt daraus, dass kein gleich wirksames anderes Mittel zur Verfügung steht, das die Berufsfreiheit weniger einschränkt (vgl. BVerfGE 121, 317, 354). Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass eine Regelung, die die beanstandeten Angaben zulässt, wenn zugleich darauf hingewiesen wird, dass dieser Umstand nichts an den mit dem Rauchen verbundenen spezi-fischen Gefahren ändert, ebenso wirksam wie das in § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG statuierte abstrakte Verbot verhindert, dass Personen, die ohne die betreffenden Angaben nicht oder weniger rauchen, zu einem (weiteren) Tabak-konsum verleitet werden.

cc) Die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig im engeren Sinn, weil sie die von ihr betroffenen Anbieter von Tabakerzeugnissen in unzumutbarer Weise belastet. Die fragliche Regelung hindert die Anbieter lediglich daran, ihre Erzeugnisse in einer be-stimmten einzelnen Hinsicht zu bewerben. Außerdem hindert die Regelung die Beklagte nicht an einer sachlichen Information über die Eigenschaften ihres Produkts und über die bei seiner Herstellung verwendeten Ausgangsstoffe. Der mit der Regelung verbundene Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung hält sich daher in überschaubaren Grenzen und wiegt deshalb wesentlich weniger schwer als der mit der Regelung verfolgte Gesundheitsschutz (vgl. BVerfGE 121, 317, 355 f.).

c) Die Bestimmung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG dient danach in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise dem Schutz der Verbraucher vor den Gesundheitsgefahren, die vom Konsum von Tabakerzeugnissen ausgehen. Damit ist - anders als die Revision meint - von vornherein kein Raum für eine Einschränkung ihres Anwendungsbereichs auf Fälle, in denen der Verstoß zu einer zumindest mittelbaren Gesundheitsgefährdung führt (so BGH, Urteil vom 1. März 2007 - I ZR 51/04, GRUR 2007, 809 Rn. 19 = WRP 2007, 1088 - Krankenhauswerbung, zu der - anders als § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG - zunächst allein dem Schutz des Laienpublikums vor unsachlicher Beeinflussung dienenden Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HWG).

d) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Anwendung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG steht auch nicht in Widerspruch zum vorrangig anzuwendenden Unionsrecht. Die Revision verweist insoweit vergeblich auf das bereits oben unter II 1 a (Rn. 14) angesprochene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. April 2000 in der Sache Darbo naturrein, das zum Lebensmittelrecht ergangen ist und daher im Streitfall zumindest nicht unmittel-bar einschlägig ist, sowie auf Art. 8 der (2.) Tabakwerbungsrichtlinie (RL 2003/33/EG). Nach der zuletzt genannten Bestimmung dürfen die Mitgliedstaa-ten den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen, die im Einklang mit dieser Richtlinie stehen, weder verbieten noch einschränken.

aa) Nach Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. d RL 2003/33/EG ist Werbung in gedruckten Veröffentlichungen mit dem Ziel oder der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf von Tabakerzeugnissen zu fördern, nur zulässig, wenn die Veröffentlichungen ausschließlich für im Tabakhandel tätige Personen bestimmt sind oder in Drittländern gedruckt und herausgegeben wer-den und nicht hauptsächlich für den Unionsmarkt bestimmt sind. Der Gerichts-hof der Europäischen Union hat allerdings entschieden, dass der Begriff "ge- druckte Veröffentlichungen" in Art. 3 Abs. 1 RL 2003/33/EG allein Veröffentli-chungen wie Zeitungen, Zeitschriften oder Magazine erfasst, nicht dagegen an-dere Arten von Veröffentlichungen wie Mitteilungsblätter lokaler Vereine, Pro-grammhefte kultureller Veranstaltungen, Plakate, Telefonbücher sowie insbe-sondere auch Hand- und Werbezettel (EuGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - C-380/03, Slg. 2006, I-11573 = ZLR 2007, 337 Rn. 84 f. - Tabakwerbung II).

bb) Die Werbung für Tabakerzeugnisse mit Handzetteln, wie sie im Streitfall in Rede steht, ist danach im sekundären Unionsrecht nicht geregelt. Die Zulässigkeit einer nationalen Bestimmung, die eine solche Werbung be-schränkt, ist deshalb allein an den Vorschriften des primären Unionsrechts und insbesondere an Art. 34 und 36 AEUV zu messen. Die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG stellt jedoch, soweit sie (auch) die Werbung für Tabakerzeugnisse mittels Handzetteln reglementiert, lediglich eine bestimmte Verkaufsmodalität dar, die eingeführte Erzeugnisse weder rechtlich noch tat-sächlich diskriminiert, und fällt daher schon nicht in den Anwendungsbereich des Art. 34 AEUV (vgl. Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., Einf. C Rn. 14 mwN). Angesichts dieser eindeutigen Gegebenheiten besteht insoweit auch kein Anlass für die von der Revision angeregte Vorlage an den Gerichts-hof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV.

e) Die Anwendung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG scheidet im Streitfall auch nicht deshalb aus, weil die Bezeichnung "BIO TABAK" in der be-anstandeten Werbung allein für den bei der Zigarettenherstellung verwendeten Rohstoff Tabak, nicht dagegen auch für die beworbenen Zigaretten selbst ver-wendet wird. Soweit die Revision gegenteiliger Ansicht ist, vernachlässigt sie, dass eine Angabe, die darauf hindeutet, ein Bestandteil eines Tabakerzeugnis-ses sei natürlich oder naturrein, auch geeignet sein kann, beim angesprochenen Verkehr die Vorstellung zu erwecken, damit sei zugleich das Tabakerzeugnis selbst natürlich oder naturrein. Dies gilt zumal dann, wenn der entsprechend bezeichnete Bestandteil - wie hier der Tabak für die Zigaretten - der wesentliche Bestandteil des beworbenen Tabakerzeugnisses ist.

f) Die Revision wendet sich schließlich ohne Erfolg gegen die vom Beru-fungsgericht in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts vorgenommene Be-urteilung, der in der beanstandeten Werbung verwendete Begriff "100% BIO TABAK" deute darauf hin, dass die von der Beklagten unter der Bezeichnung "Natural American Spirit" beworbenen Zigaretten "natürlich" oder "naturrein" seien.
aa) Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG mit der Wendung "darauf hindeuten" die Verwen-dung von Bezeichnungen in den Verbotsbereich einbezieht, die der angesprochene Verkehr im gleichen Sinne versteht wie die beiden im Gesetz ausdrück-lich genannten Begriffe "natürlich" und "naturrein" (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1996 - I ZR 159/94, GRUR 1997, 306, 307 = WRP 1997, 302 - Naturkind, zu § 17 Abs. 1 Nr. 4 LMBG). Diese Frage hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler bejaht. Es hat dabei mit Recht auf das Verständnis eines si-tuationsadäquat aufmerksamen und durchschnittlich informierten und verstän-digen Verbrauchers abgestellt, und das eigene Verständnis zugrunde gelegt, weil sich die beanstandete Werbung an Raucher und Personen wendet, die - wie die Mitglieder des Berufungssenats - zumindest potentiell als Raucher in Betracht kommen.

Ebenfalls rechtsfehlerfrei ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Angabe "BIO" könne je nach dem Produkt, für das sie benutzt werde, unter-schiedliche Bedeutungen haben, wobei das Begriffsverständnis des Verkehrs zu "BIO"-Kennzeichnungen bei zum menschlichen Verzehr bestimmten Genussmitteln maßgeblich durch deren Verwendung im Lebensmittelbereich ge-prägt werde; das lebensmittelrechtlich geprägte Verkehrsverständnis solcher Kennzeichnungen lasse sich daher weitgehend auf deren gesetzlich nicht gere-gelte Verwendung für Tabakerzeugnisse übertragen. Nicht zu beanstanden ist auch die Einschätzung des Berufungsgerichts, dass der Verkehr zwar über kei-ne detaillierte Rechtskenntnis etwa hinsichtlich der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeich-nung entsprechender Erzeugnisse verfügt. Bekannt ist dem Verkehr aber, dass die Verwendung des Begriffs "BIO" bei landwirtschaftlich erzeugten Produkten an die Erfüllung bestimmter Vorgaben hinsichtlich ihres Anbaus anknüpft und die ökologische Landwirtschaft unter anderem durch Ressourcenschonung so-wie die Vermeidung oder Reduktion von künstlichen Dünge- und Schädlingsbe-kämpfungsmitteln geprägt ist. Keinen rechtlichen Bedenken unterliegt schließ-lich die Annahme des Berufungsgerichts, die Angabe "BIO" könne bei Lebens-mitteln auch darauf hinweisen, dass diese nur unvermeidbare Geringstmengen von Schadstoffen und Rückständen deutlich unterhalb der rechtlich zulässigen Grenzwerte enthielten oder ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt worden seien (vgl. zum Vorstehenden auch Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 5 Rn. 4.65; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 5 Rn. 254).

bb) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht bei sei-nen Ausführungen nicht unbeachtet gelassen, dass bei der Ermittlung der Vor-stellung, die ein Verbraucher von einem Begriff hat, alle Bestandteile der Wer-beaussage wie insbesondere das Umfeld, in dem sie steht, und daher auch die im Zusammenhang mit ihr gegebenen Erläuterungen zu beachten sind.

(1) Die Revision bezieht sich insoweit auf die Hinweise auf der Rückseite des Werbeblattes der Beklagten, wonach die Muttergesellschaft der Beklagten vorwiegend mit kleinen Farmern zusammenarbeitet, die biologischen Tabakanbau betreiben, und dieser Anbau den Kriterien der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 sowie den Richtlinien des US-amerikanischen Landwirtschaftsmi-nisteriums über biologischen Anbau entspricht und zertifiziert worden ist; außerdem - so die Angaben auf der Rückseite des Werbeblattes - werden bei der Herstellung der Zigaretten keine Zusatzstoffe verwendet und auch nur die hochwertigen Teile des Tabakblattes verarbeitet. Die Revision gibt zu bedenken, dass dem angesprochenen Verkehr damit eine ganz konkrete Vorstellung darüber vermittelt werde, was unter "100% BIO TABAK" zu verstehen sei. Es erscheine daher ausgeschlossen, dass der Verkehr diese Angabe schlicht und einfach im Sinne von "natürlich" oder "naturrein" verstehe.

Die Revision greift damit aus dem auf der Rückseite des beanstandeten Werbeblattes abgedruckten Text einzelne Passagen heraus, die für sich gese-hen nicht dafür sprechen mögen, dass der angesprochene Verkehr die beanstandete Aussage "BIO TABAK" als Hinweis auf die Natürlichkeit oder Natur-reinheit der beworbenen Zigaretten versteht. Eine solche Einzelbetrachtung steht indessen nicht in Widerspruch zu der vom Berufungsgericht auf der Grundlage seiner - wie vorstehend unter II 1 f aa (Rn. 26) dargestellt - rechtlich zutreffenden Erwägungen und in tatrichterlicher Würdigung des Sachverhalts zusammenfassend getroffenen Feststellung, der angesprochene Verkehr ent-nehme der Angabe "BIO TABAK", dass der verwendete Tabak aus ökologi-schem Anbau stamme, über das aufgrund der allgemeinen Umweltbelastung unvermeidbare Maß hinaus frei von Rückständen und Schadstoffen sowie weit-gehend naturbelassen sei und die aus ihm hergestellten Zigaretten ohne künst-liche Zusatzstoffe hergestellt seien.

(2) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung ferner nicht gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Vorstellung, die eine Werbeaussage beim Verbraucher erzeugt, anhand aller ihrer Bestandteile und daher insbesondere unter Berücksichtigung des Umfeldes, in dem sie steht, und der im Zusammenhang mit ihr gegebenen Erläuterungen zu ermitteln ist; denn es hat ausdrücklich ausgeführt, dass für das von ihm angenommene Verkehrsverständnis auch die Art der Verwendung der Angabe "BIO TABAK" in dem Werbeblatt spreche. Die Erwartung, dass die Zigaretten aus ökologisch angebauten Tabaken hergestellt würden, werde durch den dort gegebenen Hinweis bestätigt, dass allein die Blätter von biologisch angebauten Virginia-Tabaken verwendet würden. Zudem werde in dem Werbeblatt ausgeführt, dass der Tabak ohne Pestizide und ohne künstliche Düngemittel angebaut werde und dass bei der Herstellung der Zigaretten weder Zusatzstoffe wie Aromen, Konservierungsstoffe und Feuchthaltemittel noch Bläh- oder Folientabake hinzugefügt würden. Dies weise ebenso wie der Umstand, dass die mit der Angabe "BIO TABAK" beworbenen Zigaretten unter der Bezeichnung "Natural American Spirit" angeboten würden, darauf hin, dass es sich um ein "natürliches" Produkt handele.

Ohne Erfolg greift die Revision diese Annahme als erfahrungswidrig an. Mit ihrer Erwägung, der Verbraucher werde sich Gedanken darüber machen, weshalb einmal der Begriff "BIO" und an anderer Stelle der Begriff "Natural" verwendet werde und werde deshalb die beiden Begriffe durchaus unterscheiden, ersetzt die Revision aber lediglich die vom Berufungsgericht vorgenomme-ne Beurteilung des Sachverhalts durch ihre eigene Sicht der Dinge. Sie geht dabei im Übrigen von einem auf subtilen Erwägungen beruhenden Verbrau-cherverständnis aus, dass bei einem situationsadäquat aufmerksamen Durch-schnittsverbraucher nicht unterstellt werden kann.

cc) Das Berufungsgericht hat ferner angenommen, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Begriffe "natürlich" und "naturrein" dahin, dass die natürlichen Bestandteile der Produkte als solche weitgehend unverändert

blieben und die Produkte frei von künstlichen Zusatzstoffen und über das mit einem Anbau in freier Natur unvermeidbare geringe Maß hinaus frei von Rück-ständen und Schadstoffen seien. Wegen des sich damit überschneidenden Ver-kehrsverständnisses des Begriffs "BIO" und der Begriffe "natürlich" oder "natur-rein" weise die Angabe "BIO" für die Bereiche Naturbelassenheit, Freiheit von künstlichen Zusatzstoffen und weitgehende Rückstands- und Schadstofffreiheit darauf hin, dass die beworbenen Zigaretten "natürlich" oder "naturrein" seien. Dieses Verständnis stehe insbesondere in Einklang mit der im Erwägungs-grund 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 zum Ausdruck kommenden Ansicht des Unionsgesetzgebers, dass eine ökologische oder biologische Produktion unmittelbar zur Erzeugung und Verwendung natürlicher Substanzen und Ver-fahren führe. Es sei daher anzunehmen, dass die angesprochenen Verkehrs-kreise die Angabe "BIO TABAK" auch als Hinweis darauf verstünden, dass die daraus hergestellten Zigaretten "natürlich" oder "naturrein" seien, und dass die Angabe "BIO TABAK" in der beanstandeten Werbung darauf hinweise, dass es sich um "natürliche" oder "naturreine" Produkte handele.

Die Revision greift diese Beurteilung vergeblich mit der Begründung an, dem Verbraucher sei aufgrund jahrzehntelanger Konfrontation mit der Abkür-zung "BIO" bekannt, dass ein Produkt nur dann mit dieser Bezeichnung bewor-ben werden dürfe, wenn es nach bestimmten gesetzlich geregelten Vorgaben hergestellt worden sei, und dass auch Lebensmittel aus ökologischem Landbau Zusatzstoffe enthalten könnten. Sie bezieht sich dazu auf die seit dem 1. Janu-ar 2009 geltende Regelung in Art. 6 Buchst. b VO (EG) Nr. 834/2007. Danach muss die Herstellung verarbeiteter ökologischer/biologischer Lebensmittel ins-besondere auf dem spezifischen Grundsatz beruhen, dass die Verwendung von Zusatzstoffen, von nicht ökologischen/nicht biologischen Zutaten mit überwie-gend technischen und sensorischen Funktionen sowie von Mikronährstoffen und Verarbeitungshilfsstoffen auf ein Minimum und auf Fälle beschränkt ist, in denen dies ein wesentliches technologisches Erfordernis darstellt oder beson-deren Ernährungszwecken dient. Diese Bestimmung, die in der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 noch keine Entsprechung hatte, lässt die Verwendung von Zusatzstoffen damit zwar zu, beschränkt sie aber auf ein Minimum. Es kann daher nicht angenommen werden, dass der Inhalt der in Art. 6 Buchst. b VO (EG) Nr. 834/2007 enthaltenen Regelung, soweit er den Verbrauchern über-haupt (schon) bekannt ist, deren Vorstellung davon maßgeblich beeinflusst, ob die Begriffe "BIO" einerseits und "natürlich" oder "naturrein" andererseits im Fall ihrer Verwendung für Lebensmittel als Synonyme zu verstehen sind oder nicht. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Frei-heit von Zusatzstoffen nur einer der Bereiche ist, bei denen das Berufungsge-richt von einer aus der Sicht der Verbraucher bestehenden Überschneidung der Begriffsinhalte ausgegangen ist. Noch weniger als bei Lebensmitteln kann bei Tabakerzeugnissen angenommen werden, dass die durch Art. 6 Buchst. b VO (EG) Nr. 834/2007 bewirkte Änderung oder Klarstellung der Rechtslage die hin-sichtlich des Begriffs "BIO" bestehende Verkehrserwartung maßgeblich beein-flusst hat.
2. Die von der Beklagten danach mit der vom Kläger beanstandeten Werbung verletzte Vorschrift des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. Köhler in Köh-ler/Bornkamm aaO § 4 Rn. 11.136; MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rn. 259; Fezer/Götting, UWG, 2. Aufl., § 4-11 Rn. 141; aA Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 4 Rn. 11/25, 11/59 und 11/71). Der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 UWG ist nicht auf solche Marktverhaltensregelungen beschränkt, die eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne aufweisen, dass sie die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beein-flussung ihres Marktverhaltens schützen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 189/07, GRUR 2010, 754 Rn. 20 ff. = WRP 2010, 869 - Golly Telly).

Der dem Kläger zustehende, in die Zukunft gerichtete Verletzungsunter-lassungsanspruch ist auch nicht deshalb entfallen, weil die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, deren Umsetzungsfrist am 12. Dezember 2007 abgelaufen ist, in ihrem Anwendungsbereich eine grund-sätzlich vollständige Harmonisierung bezweckt. Denn nach Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie bleiben die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten unberührt. Gemäß dem Erwägungsgrund 9 Satz 2 der Richtlinie gilt dies insbesondere für Regelungen im Zusammenhang mit Tabakwaren. Damit bleibt die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG in diesem Bereich zulässig (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 166/08, GRUR 2010, 1026 Rn. 20 = WRP 2010, 1393 - Photodynamische Therapie, mwN; Urteil vom 9. September 2010 - I ZR 193/07, GRUR 2010, 1136 Rn. 13 = WRP 2010, 1482 - UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE).

Da die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG den Schutz der Gesundheit der Verbraucher bezweckt, liegt zudem kein Bagatellverstoß im Sinne des § 3 UWG 2004 vor (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - I ZR 194/02, BGHZ 163, 265, 274 - Atemtest; Urteil vom 13. Juli 2006 - I ZR 243/03, GRUR 2006, 953 Rn. 21 = WRP 2006, 1505 - Warnhinweis II; Ur-teil vom 26. März 2009 - I ZR 213/06, BGHZ 180, 355 Rn. 34 - Festbetragsfestsetzung). Aus demselben Grund ist der von der Beklagten be-gangene Rechtsverstoß auch geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG 2008 spürbar zu beeinträchtigen (vgl. BGHZ 180, 355 Rn. 34 - Festbetragsfestsetzung, mwN).

3. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der damit aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VTabakG begründete Unterlassungsanspruch des Klägers nicht gemäß § 11 UWG verjährt ist.

a) Der Kläger selbst hat von dem mit der Klage beanstandeten Verhalten der Beklagten erst aufgrund des ihm am 10. Januar 2008 zugegangenen Schreibens des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg vom 7. Januar 2008 Kenntnis erlangt. Bei Zugrundelegung dieses Zeitpunkts war die Verjährungs-frist für den Anspruch, die gemäß § 11 Abs. 1 UWG sechs Monate beträgt, im Zeitpunkt der Klageerhebung am 18. Mai 2008 noch nicht abgelaufen.

b) Der Umstand, dass das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg mögli-cherweise bereits vorher Kenntnis von den den Unterlassungsanspruch des Klägers begründenden Umständen hatte, führt ebenfalls nicht zur Anspruchs-verjährung. Der Kläger braucht sich eine solche Kenntnis nicht entsprechend § 166 Abs. 2 BGB zurechnen zu lassen. Die Bestimmung des § 7 des EG-Verbraucherschutzdurchführungsgesetzes (VSchDG), auf die sich die Beklagte in diesem Zusammenhang stützt, sieht vor, dass die für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden vor dem Erlass einer Anordnung gegenüber dem Verkäufer oder Dienstleister eine nach dem Unterlassungsklagengesetz oder dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zur Erhebung einer Verbandsklage zuständige Stelle damit beauftragen sollen, auf das Abstellen des Verstoßes hinzuwirken. Die danach bestehende Verpflichtung der zuständigen Behörde, vor einer eigenen Ent-scheidung vorrangig Dritte zu beauftragen (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 7.10), setzt allerdings, wie sich schon aus § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VSchDG und im Übrigen aus der Bezugnahme in § 1 Abs. 1 VSchDG auf die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 ergibt, einen innerhalb der Europäischen Union grenzüberschreitend begangenen Rechtsverstoß voraus (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 4a UKlaG Rn. 4). Da es im Streitfall nicht um einen solchen Verstoß geht, ist hier auch für eine Heranziehung des § 7 VSchDG und - daran anknüpfend - des Rechtsgedankens des § 166 Abs. 2 BGB kein Raum.

4. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ersatz seiner Ab-mahnkosten, deren Höhe unstreitig ist, folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

III. Nach allem erweist sich die Revision der Beklagten als unbegründet und ist deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Kirchhoff

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 05.09.2008 - 406 O 94/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.08.2009 - 3 U 199/08 -